Planspiel statt PowerPoint

Wie lässt sich nachhaltige Unternehmensführung so vermitteln, dass sie nicht nur verstanden, sondern auch gelebt wird? Dr. Werner Kämpfe setzt auf eine Lernform, die Entscheidungsprozesse sichtbar und begreifbar macht.

Ein Planspiel-Spielbrett mit Spielchips und Oberkörper und Hände von Spielteilnehmern, die um das Spiel herum sitzen.© Planspielagentur.de
10.09.2025

Herr Dr. Kämpfe, warum ist nachhaltige Unternehmensführung für soziale Einrichtungen generell relevant?

Dr. Werner Kämpfe: „Nachhaltige Unternehmensführung – das klingt erstmal nach großen Konzernen, Klimazielen und vielleicht etwas weit weg vom Alltag in Pflegeeinrichtungen oder anderen sozialen Einrichtungen. Doch gerade dort, wo es tagtäglich um Menschen, Ressourcen und langfristige Perspektiven geht, ist Nachhaltigkeit von enormer Bedeutung. Es geht nicht nur darum, wirtschaftlich zu handeln, sondern auch die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeitenden zu sichern, die Umwelt zu schonen und soziale Verantwortung zu übernehmen. Letztlich geht es um die Zukunftsfähigkeit unserer Einrichtungen.“

Wie kann nachhaltige Unternehmensführung in der Praxis einer sozialen Einrichtung konkret aussehen?

Dr. Werner Kämpfe: „Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung bedeutet, dass wir immer das große Ganze im Blick behalten. Das heißt: Wir überlegen, wie wir Ressourcen effizient einsetzen, wie wir Mitarbeitende langfristig motivieren und gesund erhalten und wie wir verantwortungsvoll handeln. Beispielsweise durch Investitionen in die Weiterbildung des Teams, durch Maßnahmen zur Energieeinsparung oder durch faire Arbeitsbedingungen. Jede Entscheidung, die in Einrichtungen der Pflege, Eingliederungshilfe oder der Kinder- und Jugendhilfe getroffen wird, hat Auswirkungen: auf die betreuten Menschen, das Budget und die Reputation der Einrichtung.“

Sie bilden in nachhaltiger Unternehmensführung weiter und setzen als Lernform ein Planspiel ein. Was genau ist ein Planspiel und wie unterscheidet es sich von klassischen Lernmethoden?

Dr. Werner Kämpfe: „Ein Planspiel ist weit mehr als ein Brettspiel, wie man es aus geselligen Runden kennt. Es ist eine interaktive und praxisnahe Simulation. Im konkreten Fall arbeiten wir mit dem Beispiel einer stationären Pflegeeinrichtung. Die Teilnehmenden schlüpfen in die Rolle einer Einrichtungsleitung und müssen echte Entscheidungen treffen: Welche Investitionen sollte ich tätigen? Wie reagiere ich auf Personalengpässe? Wo kann ich sparen, ohne die Pflegequalität zu gefährden? Jede Entscheidung hat im Spiel sofort spürbare Konsequenzen. Teilnehmende blicken dabei über den Tellerrand des Tagesgeschäfts hinaus. Das direkte Feedback macht Zusammenhänge sichtbar und fördert strategisches Denken. Die Lernergebnisse aus dem Pflege-Beispiel lassen sich auf andere soziale Bereiche übertragen.“

Was ist das Besondere am haptischen Planspiel? Warum verzichten Sie auf digitale Lösungen?

Dr. Werner Kämpfe: „In einer zunehmend digitalen Welt setzen wir bewusst auf das Haptische, um fokussiert und ohne Ablenkungen zu lernen. Wenn Teilnehmende Ressourcen, Geldchips oder Personalplättchen anfassen, verschieben und neu anordnen, prägen sich Informationen anders ein. Das fühlbare Erleben verankert das Wissen besser im Langzeitgedächtnis. Die aktive Beteiligung fördert die Konzentration und das Engagement. Am Spieltisch müssen die Teilnehmenden außerdem miteinander reden, sich absprechen, argumentieren und Kompromisse finden. Die physische Präsenz der Materialien fördert diesen Austausch auf natürliche Weise. Ideen entwickeln sich im gemeinsamen Gespräch. Das Spiel wird zum Katalysator für Teamarbeit und für den Austausch von Perspektiven. Und letztlich wird auch die Komplexität von Unternehmensführung durch die physische Darstellung greifbar und intuitiv verständlich.“

Wer profitiert von der Teilnahme an einem solchen Planspiel?

Dr. Werner Kämpfe: „Das Planspiel richtet sich an alle Interessierten aus sozialen Einrichtungen. Führungskräfte und angehende Führungskräfte können ihre Entscheidungsprozesse reflektieren. Fachkräfte sind diejenigen, die die Auswirkungen unternehmerischer Entscheidungen im Alltag am direktesten spüren. Das Planspiel gibt ihnen ein umfassendes Verständnis für unternehmerische Herausforderungen und die Bedeutung nachhaltiger Praktiken in ihrem Arbeitsalltag. Für Auszubildende und Studierende ist das Planspiel ein echter Türöffner. Es bietet praxisnahe Einblicke in die komplexe Realität der Unternehmensführung und ermöglicht die direkte Anwendung theoretischen Wissens.“

Was nehmen die Teilnehmenden aus dem Planspiel mit?

Dr. Werner Kämpfe: „Die Teilnehmenden lernen nicht nur Fakten, sondern entwickeln Fähigkeiten: strategisches Denken, Teamarbeit, das Verständnis für komplexe Zusammenhänge und die Bedeutung nachhaltiger Entscheidungen. Das Erlebte bleibt lange im Gedächtnis und lässt sich leicht auf den Berufsalltag übertragen. Unser Ziel ist es, zum Nachdenken und Handeln zu motivieren – damit soziale Einrichtungen stark, verantwortungsvoll und zukunftsfähig bleiben.“

Dr. Werner Kämpfe ist seit 1994 selbständiger Trainer, Berater und Planspielentwickler. Er begleitet Unternehmen und Bildungsträger mit praxisnahen Workshops. Nach seinem Studium an der TU Chemnitz qualifizierte er sich als Trainer für Management, Personal- und Persönlichkeitsentwicklung an der MarketingAkademie Chemnitz. Er entwickelte innovative Lernkonzepte wie „BWL kompakt“ und „Selly+“.

Das Interview erschien zuerst in der Septemberausgabe 2025 des Verbandsmagazins anspiel. des Paritätischen Sachsen.

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